Albert Schöchle hatte die Idee zum Blühenden Barock

Schöchle hatte seit 1947 die Verantwortung für die Schloßgärten. Die verwilderten Zustände hatte er bereits beseitigt.
Schöchle hatte seit 1947 die Verantwortung für die Schloßgärten. Die verwilderten Zustände hatte er bereits beseitigt.

Nach der Verlegung des Residenzsitzes von Ludwigsburg nach Stuttgart unter Wilhelm I. wurden die Gärten 1828 für das Volk geöffnet. Das Südparterre ließ er mit Obstbäumen bepflanzen, der Kanal wurde zugeschüttet, die Pflege auf ein Minimum reduziert. Wilhelm I. selbst residierte im neu erbauten Schloss Rosenstein. Im Südgarten wurden sogar Kartoffeln angepflanzt. Die Gärten verfielen in einen tiefen Dornröschenschlaf.

1947 wurden die Gärten dem Direktor der „Staatlichen Anlagen und Gärten“ Albert Schöchle unterstellt.

Schon seit Jahren war es dringend erforderlich, die Schlossgärten wieder in Ordnung zu bringen. Im unteren Schlosspark war kein Weg mehr sichtbar, es gab nur noch Trampelpfade durch das undurchdringliche Dickicht. Im oberen Schlosspark war es noch etwas besser.

Beim Besuch der Bundesgartenschau 1951 in Hannover gewann Schöchle die Überzeugung, dass man in Ludwigsburg eine wesentlich bessere Gartenschau durchführen und somit den Park auf einen Schlag in Ordnung bringen könnte. Es mußte klappen. Schöchle war sich fast sicher, denn ein aktueller Anlass, besser gesagt sogar zwei, ließen sich auch finden. 1954 wurde das Schloss Ludwigsburg 250 Jahre alt und der Württembergische Gärtnereiverband konnte sein 50-jähriges Bestehen feiern. Noch in Hannover trug Schöchle seine Idee dem Präsidenten des Württembegischen Gärtnereiverbandes vor und auch er war davon recht angetan.

Aus Hannover zurückgekehrt begann Schöchle mit den Planungen für die Gartenschau. Als im Frühjahr 1952 nicht nur die Pläne, sondern auch ein Modell fertig war, legte Schöchle beides dem Finanzministerium vor. Da Ludwigsburg der Wahlkreis des Ministers war, interessierte er sich persönlich für diese Pläne. Der Minister war skeptisch, was die Finanzierung der Gartenschau betraf, aber er wollte – auch seines Wahlkreises wegen – die Pläne nicht ablehnen. So gab er den „Schwarzen Peter“ an die Stadt Ludwigsburg weiter. Er verlangte, dass sich die Stadt Ludwigsburg finanziell an der Gartenschau beteiligen muss.

Schöchle hatte dies bereits vorausgesehen und schon den Ludwigsburger Oberbürgermeister vorbereitet. Oberbürgermeister Dr. Elmar Doch war höchst überrascht und erkannte die Chance für seine Stadt. Auch der Gemeinderat stimmte Schöchles Projekt zu. Jetzt blieb dem Finanzministerium nichts anderes übrig, als die Gartenschau zu genehmigen.

Am 23. März 1953 genehmigte Finanzminister Dr. Karl Frank den Beginn der Pflanz- und Planierungsarbeiten zur Vorbereitung der Gartenschau. Es waren noch 13 Monate Zeit bis zur geplanten Eröffnung der Gartenschau. Die Zeit war knapp für die vielen durchzuführenden Arbeiten. Allein im südlichen Schlossgarten waren 100.000 Kubikmeter Erde zu bewegen. Erst nach dieser Erdbewegung konnten Wege gebaut, Hecken gepflanzt, Blumenbeete angelegt und Rasen angesät werden. Ähnlich sah es auch im restlichen Schlossgarten aus. So mussten zum Beispiel Wege neu angelegt werden und für die Versorgung der Besucher ein Festzelt, eine Milchbar und eine Kaffeerestaurant sowie einige Verkaufsstände errichtet werden.

Man improvisierte, wo es nur ging, und bald hatte man einen Stamm fleißiger und tüchtiger Arbeiter. Von der amerikanischen Truppe bekam man zwei große Planierraupen gestellt, die die Erdbewegungen im Schlossgarten übernahmen. Die einzige Gegenleistung waren Cola und Rostbraten für die Raupenfahrer. Schöchle musste nicht einmal den Treibstoff bezahlen, weil diese Tätigkeit als willkommene militärische Übung angesehen wurde.

Im Herbst 1953 waren die meisten Flächen des Geländes soweit planiert, dass die Beete angepflanzt werden konnten. Es mussten nun Zehntausende von Gehölzen und Hunderte von Metern Hecke gepflanzt werden. Aus den verschieden Baum- und Rosenschulen kamen 22.000 Rosen. Weiterhin wurden 400.000 Goldlack, Vergissmeinnicht, Stiefmütterchen und andere Frühlingsblüher angezogen. Ebenso waren eine halbe Millionen Blumenzwiebeln und einige hunderttausend Stauden zu verarbeiten.

Am 18. Februar 1954 wurde die Gartenschau im Handelsregister als Jubiläumsgartenschau Ludwigsburg 1954 GmbH eingetragen. Dabei war in den Gärten noch viel zu tun, wobei das Wetter äußerst ungünstig war. So musste man zum Beispiel an Ostern bei Schneegestöber arbeiten. Da man die meisten Rasenflächen erst im Frühjahr ansäen konnte, war acht Tage vor der Eröffnung gerade ein grüner Flaum zu erkennen. Alle Vorbereitungen waren abgeschlossen und Schöchle hatte nach längerem Hick-Hack in verschiedenen Gremien auch den Namen Blühendes Barock durchsetzen können.

Am Morgen des 23. April 1954 setzte nach schweren Regenwochen pünktlich zur Gartenschaueröffnung durch den Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg endlich strahlend schönes Wetter ein.

Etwa 70 Prozent der Ludwigsburger über 8 Jahre lösten Dauerkarten. Dies war noch bei keiner Gartenschau in Deutschland da gewesen. Bereits im Mai konnte man den 500.000 Besucher feiern.

Der absolute Höhepunkt im Jubiläumsjahr 1954 und wohl auch mit die größte Anerkennung für Albert Schöchle und “sein” Blühendes Barock war der Besuch des Bundespräsidenten Theodor Heuss, der sich von Schöchle durch das Blühende Barock führen ließ. An diesem strahlend schönen Tag waren etwa 80.000 Menschen erschienen. Damit war das Blühende Barock zwar hoffnungslos überfüllt, aber für viele war es doch ein einmaliges Erlebnis.

Als im Herbst 1954 die Gartenschau beendet wurde, konnte nicht nur der gesamte Ausstellungsbetrieb selbst aus den Einnahmen finanziert werden, sondern auch der weitaus größere Teil der Umgestaltung. Es blieb nur ein Rest von 150.000 DM, der aber durch Sachwerte mehr als reichlich abgedeckt war. Schöchle konnte das Prädikat in Anspruch nehmen, die erste große Gartenschau veranstaltet zu haben, die sich finanziell selbst getragen hat.

Das Blühende Barock war der Stadt und der Bevölkerung liebstes Kind geworden. Der Gemeinderat der Stadt beschloss daher einstimmig, das Land zu bitten, die GmbH weiterhin bestehen zu lassen und das Blühende Barock als Dauergartenschau zu betreiben.

Und aus der für sechs Monate geplanten Jubiläumsgartenschau „Blühendes Barock“ wurde die Dauergartenschau, die mittlerweile auf ein über 60-jähriges Bestehen zurückblicken. Wobei viele, die Albert Schöchle gut kannten sich sicher sind, dass er diese Gartenschau nicht wirklich nur für sechs Monate geplant hatte – ein echtes Schlitzohr eben.

Unterstützung für Albert Schöchle

Planierraupen der amerikanischen Truppen von der 503. Engeener Light Equipment Company – Einzige Gegenleistung waren Cola und Rostbraten für die Raupenfahrer.

Plan für die Heckengärten im Südgarten

Das Blühende Barock 1954

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